Kaum plant die Bundesumweltministerin die Einführung einer CO₂-Steuer, schlagen die Wellen hoch und es droht ein Engpass an gelben Warnwesten. Was kommt da auf uns zu? Wie schlimm wird es? Ein Selbstversuch.
Er: „Was ist eigentlich die Mehrzahl von Motto?“
Sie: „Motten.“
Motte 1: „Tue Gutes und rede darüber.“
Motte 2: „Machen ist wie wollen, nur viel krasser.“
Ölheizung
Unser gemietetes Reihenhäuschen stammt aus den 1970er Jahren, ist schlecht gedämmt und hat eine 14 Jahre alte Ölheizung. Da gibt es leider nicht viel, was wir derzeit tun können. Unsere Vermieter sind schon betagt und werden nicht noch groß investieren.
Wir sind möglichst sparsam mit Heizung und Warmwasser, aber unseren Heizölverbrauch bekommen wir kaum unter 1.500 l/Jahr und das auch nur, wenn der Winter mild ist.
Letzten Montag kam unsere diesjährige Öllieferung: 1.458 l zum Preis von 1.006,31 €.
Bekommen wir diese Menge Heizöl CO₂-neutral gestellt, ohne zu verhungern? Schaunmerdochmal.
CO₂-Äquivalent
Zunächst gilt es, herauszufinden, welche Menge CO₂ bei der Verbrennung von rund 1.500 l Heizöl entsteht. Bzw. Moment. Es entsteht nicht nur CO₂, sondern auch noch andere Treibhausgase (THG). Deren Wirkung auf das Klima, das sog. Treibhauspotential, lässt sich auf die Wirkung von CO₂ abbilden (eine Einheit von Substanz X wirkt so stark wie soundsoviel Einheiten CO₂); wir sprechen dann vom CO₂-Äquivalent.
Das CO₂-Äquivalent vereinfacht die spätere Kompensationsberechnung, weil wir nicht jede Substanz einzeln betrachten müssen, sondern mit dem gesamten Äquivalent rechnen können.
Also schaue ich, was 1.500 l Heizöl beim Verbrennen für ein CO₂-Äquivalent emittieren.
Eine Frage, fünf Antworten
Welche Menge CO₂-Äquivalent entsteht beim Verbrennen von 1.500 l Heizöl?
Ich konsultiere fünf verschiedene Online-Rechner und erhalte fünf verschiedene Werte. Die Spanne reicht von 2,38 t (UBA D) bis 5,048 t (UBA AT).
Manche berechnen offenbar nur die direkt in der Ölheizung beim Verbrennen entstehenden Lokalemissionen, andere berücksichtigen noch die gesamte Vorkette der Erdölgewinnung und -verarbeitung zu Heizöl.
Letzteres scheint mir sinnvoller, von daher rechne ich mal mit 5 t CO₂-Äquivalent.
Wo kann ich die nun hinsichtlich ihrer Klimawirkung kompensieren?
atmosfair
Eine Möglichkeit der Kompensation von Treibhausgasen durch Förderung erneuerbarer Energien und anderer Klimaschutzprojekte bietet z. B. atmosfair.
Bei atmosfair kann man nicht nur Flugreisen kompensieren, sondern auch beliebige andere „Wunschmengen“ CO₂, die anderswo im persönlichen Lebens- und Arbeitsstil anfallen.
Auf die Frage, ob das nicht ein wohlfeiler Ablasshandel ist, lautet die Antwort: Nein. Denn ich gehe davon aus, dass Menschen, die auf diese Weise versuchen, Ihren CO₂-Fußabdruck zu verringern, so gestrickt sind, dass CO₂-Vermeidung immer erste Priorität hat, und nur, wenn es nicht anders geht, wird kompensiert.
Klar könnte man auf diese Weise auch fröhlich weiter um die Welt jetten und SUVs mit 250km/h über die Autobahn prügeln. Anschließend kompensieren, zack, Umweltengel. Aber mal ehrlich, wer so lebt, muss möglicherweise noch etwas Grundsätzliches über sich selbst, die Biosphäre und unseren Planeten lernen. Und ich weiß nicht, ob wir die Zeit haben, darauf zu warten, dass dies mirakulös von selbst geschieht, ganz ohne Lernanreiz. Doch bevor das hier ausufert, kehre ich zum eigentlichen Thema dieses Beitrags zurück.
Wunschmenge kompensieren
Ich navigiere bei atmosfair zu „Wunschmenge CO₂ kompensieren“ und gebe als zu kompensierende Menge 5.000 kg CO₂ ein:
Direkt nach der Eingabe wird mir links der Betrag angezeigt, für den atmosfair unsere 5.000 kg CO₂-Äquivalent klimaneutral stellen kann.
Es sind 115,- €.
Da überlege ich nicht sehr lange, klicke auf „Weiter“ und schließe den Spendenvorgang ab.
Ich zahle per Überweisung und erhalte noch am gleichen Tag die Eingangsbestätigung und ein Zertifikat:
Hundertfünfzehn Euro
115,- € sind ein Aufschlag von 11,43% auf die 1.006,31 €, die das Heizöl gekostet hat. Das sind 9,58 € pro Monat. Weniger als es kostet, ein Mal meine ZOE vollzuladen.
Dieser Betrag geht zudem im Rauschen der Ölpreisschwankungen der letzten Jahre unter. Wir haben statt der rund tausend Euro jetzt vor einigen Jahren auch schon 1.500 € für die gleiche Menge Öl gezahlt. Da war unsere finanzielle Belastung wesentlich höher.
Ermutigung
Also, habt keine Angst vor einer CO₂-Steuer.
Erstens wird die (hoffentlich wirklich) an anderer Stelle finanziell wieder ausgeglichen (ich stelle mir z. B. eine entsprechende Entlastung beim Bezug von echtem Ökostrom vor).
Aber selbst wenn nicht: Klimaschutz ist letztlich Selbstschutz. Eine Investition in unsere Lebensgrundlagen. Bin gespannt, ob das jemals in die Köpfe reingeht. Neulich schrieb jemand im GE-Forum: „…was uns dieser ganze Ökowahn noch kosten wird…“ Falsche Frage. Bessere Frage: was uns dieser ganze Wirtschaftswachstumswahn noch kosten wird.
Wenn ich dann noch höre, dass mehr Geld für Rüstung ausgegeben werden soll, werde ich das Gefühl nicht los, hier hat irgendjemand den letzten Schuss noch nicht gehört…
Zweitens: So billig wie jetzt kriegen wir Klimaschutz nie wieder finanziert. In 20, 30, 50 Jahren werden wir Unsummen ausgeben müssen, wenn wir jetzt nichts tun. Und dann für ganz andere Maßnahmen, wahrscheinlich vorrangig für die Beseitigung von Katastrophenfolgen.
Wer sich jetzt gegen solche dringend notwendigen Regularien sträubt, erinnert mich an jemand, der sich nicht bücken will, weil dabei der Rücken weh tun könnte, und dann voll den fetten Ast ins Gesicht bekommt. Da nützt es auch nichts, die Augen zu schließen.
Nachtrag: lesenswert: „Die Mär von der unsozialen Klimasteuer“ (ein Kommentar von Mark Schieritz in der Zeit vom 12. Juli 2019)
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