Nach den ersten 2.000km mit der neuen ZOE R110 gebe ich eine Zusammenfassung meiner bisherigen Erfahrungen im Vergleich zur alten Q210.
Reichweite und Verbrauch im Winter
Was war das denn für ein Winter. Im Raum Hannover hatten wir gerade mal an ein oder zwei halben Abenden ein wenig Schnee. Staunend beobachtete ich aus sicherer Entfernung (ca. 3m vom Fernseher zum Sofa) die Schneemengen im Süden der Republik.
Immerhin, auch hier im Norden gab es teilweise nennenswerte Minusgrade, und hinsichtlich Reichweite und Verbrauch machten die sich durchaus bemerkbar.
Ich vermelde: Die Reichweite meiner R110 mit 41kWh-Akku pendelte nach Vollladung im Winter zwischen 200 und 220km. Inzwischen (März, > 10°C) bekomme ich Werte > 280km angezeigt.
Der Durchschnittsverbrauch laut Bordcomputer liegt nach 2.000km bei 17,8kWh/100km. Da flossen jetzt aber schon ein paar sparsamer (ohne Heizbedarf) gefahrene längere Strecken im März ein. Der Verbrauch ab Steckdose ist noch höher. Wie hoch genau, weiß ich mangels penibler Aufzeichnungen leider nicht. Aber allein die Akku-Vorheizung der R110 genehmigt sich schon ein paar hundert Watt. Dazu später mehr.
Der Verbrauch ist damit doch deutlich höher als der meiner alten Q210. Die habe ich auch im Winter meist unter 16kWh/100km fahren können. Woran kann es liegen? Meine Fahrweise hat sich nicht verändert.
Einige Thesen zum Mehrverbrauch:
Reifen:
Die 16-Zoll-Ganzjahresreifen, die jetzt auf der R110 drauf sind, haben möglicherweise einen gewissen Mehrverbrauch zur Folge.
Heizung:
Die R110 ist zwar eindeutig besser gedämmt als die Q210, aber im Eco-Off-Modus scheint mir die Heizleistung (und damit der Verbrauch) offenbar zugunsten des Insassenkomforts gesteigert worden zu sein. Das Display zeigt bei Minusgraden im Stand vor dem Losfahren fast immer 4kW Leistungsentnahme an – ohne Scheibenenteisungsfunktion. Mit Scheibenenteisung geht es auf 5kW hoch, begleitet von einer Lärmkulisse übrigens, gegen die jeder kalt tuckernde Diesel ein Schlummerliedchen summt. Sorry liebe Nachbarn. Dafür stinkt’s halt nicht.
Die alte Q210 genehmigte sich selten mehr als 3kW zum Anheizen, brauchte dann aber auch etwas länger, um den Innenraum zu temperieren.
Bei einmal aufgeheiztem Innenraum sinkt die abgerufene Heizleistung bei der R110 wieder, bleibt aber bei Frostgraden draußen fast immer bei 2kW. Da war die Q210 auch genügsamer. Die R110 fühlt sich bei eingestellten 23 auf dem Regler allerdings spürbar kuschliger an. Dieses Mehr an Wärmekomfort wird durch höheren Verbrauch erzielt. Irgendwo muss die Energie ja herkommen.
Kurzstreckenbetrieb:
Im Januar und Februar bin ich fast ausschließlich Kurzstrecken (4-20km) gefahren mit Auskühlung zwischendurch, da musste sehr oft neu geheizt werden.
Nun, die Jahreszeit ohne Heizbedarf und mit für Mensch und Akku angenehmeren Temperaturen beginnt – ich bin gespannt auf die Verbrauchswerte im Sommer.
Ladeleistung
Klar war ja von vornherein, dass die R110 langsamer laden würde als die Q210. Generell stehen hier max. (theoretische) Ladeleistungen von 22kW gegen 43kW AC.
Aber dass die R110 bei kaltem Akku dann sooo laaangsam lädt, hätte ich nicht gedacht. Sie entpuppt sich als Winter-Schnarchlader! Für zügige Zwischenladungen auf Strecke praktisch ungeeignet. Bei kaltem Akku wohlgemerkt. Bei normalen Ladungen zu Hause oder am Zielort mit genügend Zeit kein Problem. Bei richtig warmem Akku hoffentlich auch nicht (wir werden sehen).
Zum Glück musste ich dank des großen Akkus bisher noch keine Zwischenladungen unterwegs machen. Andernfalls wäre ich jetzt ziemlich sauer.
Fakten:
Ladeleistungen > 18kW habe ich bei meiner R110 noch gar nicht zu Gesicht bekommen.
Bei Akkutemperaturen unter 10°C und Ladebeginn im mittleren SOC-Bereich dümpelt die Ladeleistung bei 8-10kW herum, bis der Akku wärmer geworden ist. Aber auch bei 17°C mittlerer Akkutemperatur gibt’s nur 15kW. Das muss wohl erst noch viel wärmer werden da unten.
Drei Beispiele von Ladungen, protokolliert mit CanZE:
Die oberen Diagramme zeigen, was die Ladesäule an Strom und Leistung bereitstellt: bei allen Ladungen konstant 31A, 21kW.
Die mittleren Diagramme zeigen die Ladeleistung, die die ZOE max. annehmen will (rot) und die Gleichstromleistung, die tatsächlich am Akku ankommt (blau, ganzzahlig gerundet).
Unten sieht man die Entwicklung der mittleren Akkutemperatur (blaue Linie) und des Energiegehalts des Akkus (grüne Fläche).
Vergleich & Interpretation:
Auffälligster Unterschied ist, dass die Akkutemperatur unterschiedlich schnell steigt: Bei Ladung 1 relativ zügig um 7°, bei Ladung 2 um 4° und bei Ladung 3 nur um 3°. Dies führt dazu, dass die Ladeleistung bei Ladung 1 nach einem sehr schwachen Start ebenfalls deutlich steigt, bei den anderen beiden Ladungen hingegen beinahe konstant bleibt.
Offenbar geht auch die Außentemperatur in die Ladesteuerung mit ein, zumindest insofern sie die Akkuheizung triggert und damit deren Leistungsbedarf und damit wiederum die Geschwindigkeit, mit der sich der Akku durch sie erwärmt . Es gibt also ein komplexes Zusammenspiel von SOC, Außentemperatur und Akkutemperatur, die zur jeweiligen Ladekurve führen.
Aber wie auch immer: 10kW Ladeleistung bei mittlerem Akkuladestand (SOC) ist Schnarchladung. Ich bin enttäuscht.
Akku-Serienfehler?
Möglicherweise ist Renault hier übervorsichtig und reduziert gnadenlos die Ladeleistung, um den Akku zu schonen.
Nachdem sich in diversen Foren die Meldungen über defekte 41kWh-Akkus häuften, berichtete das Edison Handelsblatt am 22. März 2019 in einem Artikel „Renault Zoe: in Frankreich verschollen“, dass europaweit bislang rund 7.600 Besitzer einer Zoe Z.E. 40 von Akkudefekten betroffen sind. Schuld sei der Zulieferer LG Chem, der anfangs Probleme mit den 192 Hochleistungs-Zellen hatte. Inzwischen seien laut Renault Deutschland diese Probleme behoben. Ab wann genau (welches Produktionsdatum) wird jedoch nicht mitgeteilt. Jetzt hoffe ich mal, dass meine ZOE nicht mehr zu den gefährdeten gehört.
Besonders ärgerlich für Betroffene ist, dass für die Akkureparatur insgesamt 90(!) Tage veranschlagt werden. Ohne Anspruch auf einen elektrischen Ersatzwagen. Das kann dann auch ein schnöder Verbrenner sein, bei dem man die Spritkosten zusätzlich zur weiterlaufenden Batteriemiete hat…
Akkuheizung
Im Gegensatz zur Q210 verfügt die R110 über eine aktive Akkuheizung. Sie schaltet sich bei tiefen Temperaturen ein, um den Akku beim Laden schneller in Temperaturbereiche zu bringen, in denen mehr Ladeleistung angenommen werden kann. Das funktioniert tatsächlich, siehe Ladung 1 oben.
Wenn allerdings die Akkuheizung nicht genug heizt, z. B. wenn die Außentemperaturen offenbar schon zu hoch sind, bleibt die Ladeleistung dramatisch gering. Oder wenn der Mond in der falschen Phase ist. So ganz kann ich das Verhalten der Ladeleistungssteuerung noch nicht nachvollziehen.
Bermerkt habe ich, dass die Akkuheizung überhaupt nur dann anspringt (leises Brummen/Säuseln im hinteren/unteren Wagenbereich), wenn die Ladesäule mehr Leistung bereitstellt, als die ZOE aktuell temperaturbedingt verkraften will. An allen 22kW-Säulen höre ich sofort nach Ladebeginn dieses Säuseln. Zu Hause lade ich normalerweise nur mit 11kW, da bleibt es aus.
Tempopilot
Wenn ich in der Q210 den Tempopiloten auf 100km/h eingestellt hatte und dann mal kurzzeitig zum Überholen schneller gefahren bin, ging sie beim Loslassen des Energiepedals immer runter bis 98km/h, um dann mit neuem Energieeinsatz wieder auf 100km/h zu beschleunigen.
Die R110 hat diesen Effekt nicht mehr, oder zumindest nicht mehr so deutlich ausgeprägt. Sie nähert sich von oben kommend sanft der 100er Marke und bleibt dann dort. Das ist angenehmer und energiesparender.
R-Link / Navi
Das muss ein hämischer Running Gag eines Petrolheads unter den Programmierern sein: Die Tankstellen lassen sich auch im 6. R-Link-Entwicklungsjahr nicht dauerhaft ausblenden.
Auch lustig: die Reichweitenwarnung. Restreichweite im Display links: 278km. Im Navi angezeigte Reichweite zum Fahrziel: 153km. Warnung: Das Ziel ist nicht erreichbar! Wollen Sie einen Ladestopp hinzufügen?
Fortsetzung folgt.
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